Carl E. Ricé: Schrei mit dem Wind

Der Ausgburger Schriftsteller Carl E. Ricé legt mit Schrei mit dem Wind sein Lyrikdebüt vor – und zugleich die Quintessenz von mehr als 50 Jahren dichterischen Schaffens. Einen Namen in der literarischen Öffentlichkeit machte sich der Autor seit Anfang der 1990er vor allem als Erzähler – und zwar nicht nur mit seinem Prosaband Henker, bitte weitermachen (1993), sondern v.a. als Erzähl-Performer, der durch freies Erzählen (nicht Vorlesen oder Rezitieren) eigene Geschichten, aber auch Stoffe der Weltliteratur – von Dickens und Poe bis zu Bachmann und Brecht – auf der Bühne zum Leben erweckt. So war auch sein Hauptwerk Das Kainszeichen – Geschichte einer Vergewaltigung 30 Jahre lang ausschließlich als Live-Performance des Autors erlebbar, bis sie 2022 bei parasitenpresse als Hörbuch-Doppel-CD erschien.

Auch ein Teil der Gedichte in Schrei mit dem Wind steht mit dem „Kainszeichen“-Stoff in direktem Zusammenhang – dichterische Zeugnisse eines Überlebenskampfes nach massivsten traumatischen Erfahrungen: „Nun aber brennt meine Seele / von all den Bildern / dieses Krieges / die mein Schweigen / in mich einschloß“. Durch die Texte dieses Bandes wehen Echos von Brecht und Kästner, von Wolfgang Borchert und Dylan Thomas, von Odenstrophen und Beat Generation. All diese Anklänge verwandelt Carl E. Ricé in Nuancen seiner unverkennbar eigenen lyrischen Stimme. Trauer und Wut, Zärtlichkeit und ein an Schwärze nicht zu überbietender Humor – all das setzt Carl E. Ricé in Bilder um, in denen existenzieller Ernst und nicht weniger existenzieller Sarkasmus sich verbünden, um einer vermeintlich unaussprechlichen Erfahrung eine Stimme zu geben. Schweigen wäre der Tod – „doch / ich bin zu einsam / um schweigen / zu können“.

Die Buchpremiere findet am 7. November im Augsburger Kulturhaus abraxas statt, um 19 Uhr.

Carl E. Ricé: Schrei mit dem Wind. Gedichte, 66 S., 12,- € – ab sofort lieferbar

Carl E. Ricé, der gebürtige Hamburger (dessen Nachname wie „riqué“ klingt, wenn man es französisch ausspricht), Jahrgang 1947, lebt seit vielen Jahren in Augsburg. Nach verschiedenen beruflichen Stationen ist er seit Anfang der 1990er Jahre als freier Künstler tätig. Als Erzählperformer verbindet Carl E. Ricé literarisches Sprachgefühl mit einer intensiven Bühnenpräsenz. Indem er sie frei erzählt, anstatt sie nur vorzulesen, erweckte Carl E. Ricé im Laufe der Jahre unterschiedlichste Stoffe der Weltliteratur zum Leben. Mehrfach trat er beispielsweise mit folgenden Programmen auf: „Geschichten vom Herrn K.“ nach Bertolt Brecht, u.a. beim Brechtfestival Augsburg, „Eine Weihnachtsgeschichte“ nach Charles Dickens, „Im Malstrom“ nach Edgar Allan Poe, verschiedene Erzählprogramme mit selbst verfassten Geschichten, die teilweise auch in dem Buch „Henker, bitte weitermachen!“ versammelt wurden, sowie „Das Kainszeichen – Geschichte einer Vergewaltigung“, eine selbst entwickelte Erzählperformance über sexuellen Kindesmissbrauch und seine traumatischen Folgen, die auch als Hörbuch vorliegt.

Für Carl E. Ricé, der bereits in den 1960er Jahren mithalf, die Außerparlamentarische Opposition in der bayerischen Provinz zu organisieren, ist gesellschaftliches Engagement ein Teil seiner Persönlichkeit. Mit dem von ihm erfundenen Format des Poesiebrunchs verband er sein künstlerisches Talent mit seinem sozialen Anspruch. Von 2010 bis 2020 gestaltete Ricé in Augsburg für den MehrGeneratio- nenTreffpunkt Pfersee einen regelmäßigen Poesiebrunch, ab 2016 im Kulturhaus abraxas und ab 2018 unterstützt von der Augsburger Schriftstellerin Alexandra Tobor.

Carl E. Ricé stand darüber hinaus fast 20 Jahre lang in zahlreichen Produktionen des städtischen Theaters Augsburg auf der Bühne und war als Tänzer und Maler aktiv.

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