Thomas Empl: Inneres Zittern

Eine junge Frau radelt ins Herz der Finsternis, die stillstehenden Kölner Fordwerke, um ein Handy zu kaufen. Alte Freunde irren an der Mauer einer verlassenen Militärbasis entlang, verfolgt von den grellen bösen Geistern der Nullerjahre. Im Hongkong der Siebziger wird einem Bruce-Lee-Doppelgänger der Name gestohlen. Ein Trinker, der nicht trinkt, läuft durch die Abgase und den Klettenberger Plastikregen, während die Erde der Menschen auf ihr Ende zugeht. Und in Tokyo verkauft eine Regenschirmverkäuferin Regenschirme.

»Ein Band, gefüllt mit unwirklichen, schwebenden Momenten, perfekten Sätzen und beiläufigem Humor. Sprachlich eindrucksvoll und konsequent erzählt.« Lisa Roy

Für den neuen Erzählungsband Inneres Zittern wurde Thomas Empl mit dem Dieter-Wellershoff-Stipendium der Stadt Köln ausgezeichnet.

Thomas Empl: Inneres Zittern. Erzählungen, 112 Seiten, 14,- € – ab sofort lieferbar

Thomas Empl, geboren 1991 in München, ist ein in Köln lebender Schriftsteller und Drehbuchautor. In der parasitenpresse erschien 2021 sein Erzählungsband Ausbruch. 2022 war er, meist mit dem Kollektiv Hypertext, auf Deutschland-Tournee. 2023 erhielt er das Dieter-Wellershoff-Stipendium der Stadt Köln. Mit einem Highscore von 506 727 ist er der aktuell neunzehntbeste Tetris-Spieler der Welt (Game-Boy-Version).

Ungefähr so. Neue Prosa aus Norwegen

„Es kommt vor, dass ich nachts vom Park träume. Davon, dass er sich die Stadt einverleibt. Ganz leise, während die Leute schlafen, wachsen Bäume und Pflanzen über die Gehwege, strecken sich den Häusern entgegen. Zähe Stiele, pelzige Stängel, dicke Äste brechen in Gärten ein und dringen durch die Fenster, schlängeln sich um die Straßenlaternen. So wird die Stadt überwuchert, schnell und effektiv, und am nächsten Morgen lassen sich keine Spuren mehr von ihr erahnen. Alles, jegliche Anzeichen von Zivilisation, in einem beispiellosen, kompostierenden Happs von der Natur verschluckt.“

Fünf jüngere Übersetzer:innen haben neue Texte von acht norwegischen Autor:innen für diese Anthologie ausgewählt und ins Deutsche gebracht. Die Kurzgeschichten zeichnen ein ungewöhliches Bild von Norwegen, fern von allen Klischées, nah bei Familie, Alltag und gegenwärtigem Leben. Vielleicht wollen diese Texte auch gar nichts über Norwegen sagen, sondern einfach gute oder ungewöhnliche Geschichten sein.

Mit Texten von Hanna Dahl, Gro Dahle, Gaute Heivoll, Rune F. Hjemås, Gunnhild Øyehaug, Ingvild H. Rishøj, Per Schreiner und Eli Fossdal Vaage und Übersetzungen von Justus Carl, Matthias Friedrich, Anna Pia Jordan-Bertinelli, Katharina Martl und Lea Merz.

Ungefähr so setzt die Reihe mit ähnliche Anthologien mit Prosa und Lyrik aus Dänemark sowie Lyrik aus Griechenland und Portugal oder mit hebräischer Dichtung fort.

Ungefähr so. Neue Prosa aus Norwegen, hg. v. Anna Pia Jordan-Bertinelli, 146 Seiten, Preis: 15,- € – ab sofort lieferbar


Anna Pia Jordan-Bertinelli studierte Germanistik und Skandinavistik in Tübingen und Köln und arbeitet seit 2019 als freiberufliche Übersetzerin aus dem Norwegischen und Englischen. Für die parasitenpresse übersetzte sie Audun Mortensen und Tjawangwa Dema und gab die vorliegende Anthologie heraus.

Meral Şimşek: Feigenflecken

Der Auswahlband Feigenflecken stellt Prosa und Gedichte der kurdischen, auf Türkisch schreibenden Schriftstellerin und Dichterin Meral Şimşek vor, die vielfach für ihre Gedichte ausgezeichnet wurde. Darin erzählt sie, ähnlich wie in ihrem Roman, ihre eigene Geschichte als Mutter zweier Kinder und die ihrer Familie im Kontext der systematischen Verfolgung, Folter und Ermordung der Kurden in der Türkei der 1990er-Jahre.

Seit 2020 ist Meral Şimşek Mitglied des Kurdischen P.E.N.-Zentrums, seit September 2022 auch des PEN Berlin, wo sie seit ihrer Flucht aus der Türkei lebt.

Die Premiere des Buches findet beim Europäischen Literaturfestival in Köln-Kalk am 1. und 2. September statt, am 8. September liest sie beim internationalen literaturfestival berlin.

Meral Şimşek: Feigenflecken. Prosa und Gedichte. Mit Übersetzungen von Astrid Nischkauer, Nurcan Işık, Asiye Müjgan Güvenli, Wolfram Malte Fues, Hevin Karakurt und Vedat Ateş, 52 Seiten, Preis: 12,- € (Sonderdruck zum Europäischen Literaturfestival Köln-Kalk) – ab sofort lieferbar

Meral Şimşek, geb. 1980 in Mazıdağı und stammt aus Amed (Diyarbakır). Sie ist Schriftstellerin und Dichterin und Mitglied des Kurdischen PEN sowie des PEN Berlin. Sie veröffentlicht Gedichte, Romane und Kurzgeschichten und arbeitete als Redakteurin für verschiedene Zeitschriften und Verlage. Sie komponierte Musik und schrieb auch Liedertexte. Şimşek wurde mehrfach für ihre Texte ausge- zeichnet, im deutschsprachigen Raum mit dem Theodor-Kramer-Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil der Wiener Theodor-Kramer-Gesellschaft (2022).

Shpëtim Selmani: Notizbuch der Liebe

Unsere Reihe PLÜ mit internationaler Prosa setzen wir fort mit Notizbuch der Liebe von Shpëtim Selmani. Darin erzählt Selmani in 33 kurzen Prosastücken vom Leben als Schriftsteller auf dem Balkan, von Begegnungen in Prishtina, Tirana, Belgrad, Leipzig und Berlin – und von der großen Liebe. 2020 wurde er für dieses Buch mit dem Literaturpreis der Europäischen Union ausgezeichnet.

„Seit Jahren versuche ich, früh aufzustehen und mich wie ein König auf einen der Stühle im Strip Depo zu setzen. Meistens schaffe ich es, früh aufzustehen. Ich lebe die Morgen, als wären sie alle gleich. Vielleicht sind sie das auch. Aber wen juckt das! Wenn ich mich hingesetzt habe, nehme ich eine Jacke oder einen Mantel und bedecke meine lieben Knie. Meine beschissenen apokalyptischen Knie. Regel Nummer eins: Versuche immer, dir Wärme zu schenken, dann nehmen die anderen bei dir Zuflucht. Die Welt ist ein kaputter Kühlschrank. Das ist der erste Samen des Wissens. Der Krieg steckt ungestört im Anfang jeden Buches, das uns die Götter geschenkt haben.“

Shpëtim Selmani: Notizbuch der Liebe. Prosa aus dem Albanischen von Zuzana Finger, 72 Seiten, Preis: 12,- € – ab sofort lieferbar

Shpëtim Selmani, geb. 1986, ist ein Schriftsteller und Schauspieler aus dem Kosovo. Zu seinen Büchern zählen: Shënimet e një Grindaveci (Aufbrausende Notizen, 2015), Selected Poems 2010-2017 – Poetry in Time of Blood and Despair (Multimedia, Prishtina, 2017) und das vorliegende Libërthi i dashurisë (Notizbuch der Liebe), das 2019 bei Armagedoni in Prishtina erschienen ist. Dafür ist er 2020 mit einem der Literaturpreise der Europäischen Union ausgezeichnet worden.

Zuzana Finger, geboren 1959 in Šaľa (Tschechoslowakei), lebt in Wilhelmshaven. Übersetzt aus dem Albanischen, Tschechischen, Slowakischen und Serbischen. Zuletzt: Tomáš Přidal, Der Kokosaffe und andere Tiere, Wilhelmshaven 2021.

Thomas Podhostnik: Frame

Im Zentrum von Frame steht ein junger Kameramann, den die eingefangenen Bilder einer Unglücksnacht nicht mehr loslassen. Es ist eine Art innerer Bilderwald, in dem er nach Orientierung und einem Ausweg sucht. Aufnahmen werden zu Erinnerungen und umgekehrt. Blicke und Gegenblicke bestimmen die Motiv- und Gedankenwelt. Totes und Lebendes stehen sich gleichermaßen als Subjekt und Objekt gegenüber und beobachten einander. Die Szenen führen den Kameramann immer wieder auch zu Erinnerungsbildern aus seiner Kindheit und seiner Jugend. Verhandelt werden in dem neuen Mikro-Roman von Thomas Podhostnik auch soziale Fragen und Geschlechterverhältnisse: Wem gehören die Bilder, wem gehört die Kamera, wem gehören die Motive? Welche Erniedrigung erfährt das Motiv durch den Blick des Kameramanns und wie sehr erniedrigt sich der Kameramann beim Blick durch den Sucher? Unter welchen Konditionen veräußert der Kameramann sein Auge? Nicht nur die Rolle des Kameramanns erscheint zunehmend fragwürdig, auch der Mensch als bestimmendes Subjekt hinter der Kamera. 

Im Sommer 2022 jährt sich das Flugzeugunglück von Überlingen, bei dem eine russische Passagier- und eine deutsche Frachtmaschine kollidierten. Im Juli 2002 war der Autor Teil eines Kamerateams und musste in der Nacht zur Absturzstelle eines Flugzeugunglücks. Auf der Fahrt dorthin wusste er noch nicht, dass es sich dabei um den folgenschwersten Flugunfall in der Geschichte der Bundesrepublik gehandelt hat.

Thomas Podhostnik liest am 9.9. in Köln (Paratexte, Traumathek), am 13.10. in Berlin (Volksbühne), am 20.10. in Leipzig (Westflügel), am 21.10. in Frankfurt (Parasites‘ Night, Hotel Lindley) und am 6.11. in Dresden (Hole of Fame).

Thomas Podhostnik: Frame. Mikro-Roman, 94 Seiten, Preis: 12,- € (paradosis Bd. 17) – ab sofort lieferbar

Thomas Podhostnik wurde 1972 in Radolfzell am Bodensee als Sohn jugoslawischer Gastarbeiter geboren. Er machte eine Lehre zum Speditionskaufmann, dann eine Ausbildung zum Regieassistenten am Teatro Nacional de Cuba. Er studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig.

Thomas Podhostnik verfasst Prosa und experimentelle Prosa, die in Einzeltiteln, Anthologien und Literaturzeit- schriften veröffentlicht wurden. Er lebt in Leipzig. In der parasitenpresse erschienen zuletzt von ihm der Prosaband Unter Steinen (2020) und die Übersetzung ins Russische Под камнями (2021).

Paradies

Die neue Buchreihe PARADIES präsentiert künftig neues Erzählen aus und über Nordrhein-Westfalen. Wir wollen Geschichten lesen, die hier angesiedelt sind, die die Probleme und Wünsche der Menschen vor Ort erzählen. Ein Stück geht es auch darum, hier zu bleiben, das Paradies vor Ort zu suchen, Dinge zu bewegen und Verantwortung für die Nachbarschaft zu übernehmen. Nicht alle Kurzgeschichten, nicht alle Bücher werden das immer so strikt einhalten. Wir möchten die Literatur aus und über NRW sichtbarer machen. Es gibt viele neue Stimmen zu entdecken – befeuert durch die neuen Schreiborte in Köln, durch neue Literaturinitiativen und -netzwerke im ganzen Bundesland.

Die ersten beiden Bücher, die diesen Monat erscheinen werden, sind zwei Debüts. Ausbruch von Thomas Empl (VÖ 12.5.) und So glücklich war ich noch nie von André Patten (VÖ 19.5.) sind beides Erzählungsbände und werden hier bald einzeln vorgestellt. Vorbestellungen nehmen wir jetzt schon entgegen.

An dieser Stelle möchten wir der Kunststiftung NRW danken, die den Start dieser Reihe ermöglicht hat.

Was wir vorhaben (2021)

Noch liegt das neue Jahr ziemlich im Nebel. Ein paar Dinge, die wir in den nächsten Monaten vorhaben, wollen wir euch trotzdem schon verraten. In der internationalen Reihe werden die Sprachen Portugiesisch, Russisch und Spanisch eine wichtige Rolle einnehmen. Portugiesische Lyrik wird im ersten Halbjahr gleich zweimal im Fokus stehen: Laurine Irmer und Beatrice Cordier bereiten eine Anthologie mit acht jungen portugiesischen Dichter*innen vor und Mathias Traxler überträgt für uns Gedichte von Álvaro Seiça. Den Auftakt ins russische Jahr bildet Das Handwörterbuch der russischen Seele von Alexander Estis, das Ende Januar erscheinen wird. In Kooperation mit dem Goethe-Institut St. Petersburg folgen später Übersetzungen ins und aus dem Russische(n). Spanisch wird es in der zweiten Jahreshälfte, wenn wir neue Bücher von Pablo Jofré, Luis Luna (beide in der Übersetzung von Odile Kennel) und von Adalber Salas Hernández (in der Übersetzung von Geraldine Gutiérrez-Wienken und Marcus Roloff) planen. Außerdem überträgt Anna Pia Jordan-Bertinelli Gedichte der botswanische Dichterin TJ Dema aus dem Englischen, die zum Europäischen Literaturfestival Köln-Kalk (ELK3) erscheinen sollen.

Bei den deutschsprachigen Titeln werden neben Alexander Estis neue Bücher u.a. von Nora Zapf, Thomas Podhostnik, Astrid Nischkauer, Kathrin Niemela, Sünje Lewejohann und Adrian Kasnitz erwartet. Mit Gedichten von Veronique Homann ist auch ein weiteres Lyrikheft einer Debütantin in Vorbereitung. Im Frühling starten wir die neue Reihe PARADIES, die junge Prosa jenseits des Romans vorstellen wird. Erzählungen von Thomas Empl und André Patten werden die Reihe begründen, auf die wir uns – wie auf alle neuen Bücher – schon sehr freuen.

Falls Sie uns bei unserer Arbeit unterstützen wollen, schließen Sie ein Abo ab oder fördern Sie ein kommendes Buchprojekt mit einem frei wählbaren Betrag, nämlich der Parasitensteuer.

Schön habt ihrs hier. Neue Prosa aus Dänemark

„Erzählungen sind wie ein steinhartes Stück Schokolade. Ein mit Handlung gesättigtes Konzentrat, das uns nicht zuletzt aufgrund seiner Kürze daran erinnert, dass alles im Leben Bedeutung hat.“

Dieses Zitat der dänischen Autorin Ida Jessen trifft den Kern dessen, was diese Gattung auszeichnet. Erzählungen öffnen Türen zu neuen Räumen und gewähren kurze Einblicke in die Welten der Protagonistinnen und Protagonisten. Im Vergleich zum Roman werden die Bilder jedoch mit weniger Strichen gezeichnet, die Räume mit weniger Möbeln gefüllt, und nach der Lektüre hat man häufig das Gefühl, die Geschichten wären noch nicht beendet. Das Ungesagte, Rätselhafte und Offene arbeitet in unseren Gedanken genauso weiter wie die pointiert geschilderten Situationen mit ihren Details und Dialogen.

All diesen Qualitäten zum Trotz fristet die Erzählung auf dem Buchmarkt ein eher stiefmütterliches Dasein. So gehört es zu den Ausnahmen, dass kurze Prosatexte aus Dänemark auf Deutsch erscheinen. Dies haben wir zum Anlass genommen, in Schön habt ihrs hier eine Auswahl der besten dänischen Erzählungen der letzten zehn Jahre ins Deutsche zu übersetzen und herauszugeben.

Mit Texten von Adda Djørup, Nanna Goul, Lone Hørslev, Peder Frederik Jensen, Ida Jessen, Pia Juul, Mads Kastrup, Thomas Korsgaard, Caroline Albertine Minor und Ditte Steensballe. Übersetzt von Thomas Altefrohne, Justus Carl, Randi Drümmer, Sarah Fengler, Isabella Gennrich, Rebecca Jakobi, Daniel Kreß, Lea Merz, Anne Wachendörfer und André Wilkening.

Schön habt ihrs hier. Neue Prosa aus Dänemark, hg. v. Marlene Hastenplug, 134 S., Preis: 15,- € – ist ab sofort lieferbar